Home

 
   Edition 
           Geschichtenweber


Aktuell: BuchmesseCON (15.10.11)


News Autoren Bücher Vorschau Partner Infos Links   Impressum Forum
Rezension: Marlies Eifert über "WILDES LAND"
nach oben

"O schaurig ist’s übers Moor zu gehen", das wusste schon Annette von Droste Hülsoff (1797-1848). Und die jungen Autoren, die der Computerspiel-Generation eigentlich näher sind, wissen es wieder. Vierzehn Autoren haben sich zusammengefunden und weben zum Thema "Sümpfe, Höhlen, dunkle Wälder" Geschichten. Timo Bader und Jürgen Brandner haben sie zusammengefasst unter dem Titel "Wildes Land" herausgegeben.

 

Wie bei Annette von Droste-Hülsoff ist das "Wilde Land" alles andere als heimelig. Es ist ein Ort, der den Menschen feindlich gegenübertritt, ihnen den Zugang verwehrt. Diejenigen die sich den Zugang erkämpfen, tun dies meist unter Lebensgefahr. Aber gerade diese Herausforderung ist es, die von den Helden der Geschichten angenommen wird.

 

Manchmal fängt die Erzählung harmlos an. Fünf Freunde wollen einen Berg besteigen, andere wollen eine Höhle erforschen. Wieder andere stehen am Straßenrand, um einen Umzug anzusehen. Aber die normale Wirklichkeit öffnet sich in eine unbekannte und nicht mehr handhabbare andersartige Realität. Die Orientierung geht verloren. In mehr als einem Sinn. Es ist eine Welt, in der unnennbare Kräfte zu Hause sind, auch Dämonen, Drachen, Elfen. Manchmal sind diese Kräfte (ob personalisiert oder nicht) Freunde der Menschen, bzw. werden es wie beispielsweise ein Troll in "Ein Troll auf Rügen" (von Jörg Olbrich), manchmal sind sie feindlich wie in "Moordämonennacht" (von Jürgen Brandner).

 

Die Zeit der Helden, die ohne Schwierigkeiten Heldentaten im Stil von drei auf einen Streich begehen, scheint vorbei. So sind es gelegentlich Kinder, die den richtigen Weg wissen ("Albenkind" von Irmgard Fliedner – Grandke) oder es ist ein Trinker, der es schafft, sich aus dem eigenen Sumpf herauszuarbeiten. Eine Elfe tötet einen Drachen ("Die Prüfung" von Christine R. Förster).

 

Spannung entsteht sozusagen von selbst. Eine Spannung, die sich noch nicht einmal in jedem Fall um die äußere Handlung herum bewegt.

 

Ist es immer "gut" zu handeln?  Die Ambivalenz des Handelns wird in mehreren Geschichten deutlich. So auch in "Das grüne Leuchten" (von Marion C. Mainka), das nicht die geringste Ähnlichkeit mit Romers-Film "Das kleine grüne Leuchten" hat, wie man vermuten mag. Ohne es zu wollen, haben die Freunde eine gefährliche Urkraft frei gesetzt.

 

Auch die Elfe ("Die Prüfung" von Christine R. Förster) empfindet nicht unbedingt Stolz, Befriedigung, als sie die Prüfung, die darin bestand, einen Drachen zu töten, der ihre Körpergröße um ein Vielfaches überragte, erfolgreich durchgeführt hat.

 

Zu meinen Favoriten gehört die Geschichte des Herausgebers Timo Bader. Er versucht die Methode der Verfremdung, wie sie eigentlich im Fantasy-Genre meines Wissens selten ist. Deutlich sagt er in einer Einleitung zum "Fall der Jane J.", dass der Erzähler sich um Distanz bemühe. Dass diese Distanz gelegentlich aufgegeben wird, steht auf einem anderen Blatt und macht die Erzählung umso sympathischer. Die Geschichte ist im Stil der Detektiv-Story aufgebaut. Einzelheiten fügen sich am Schluss zusammen, lassen ein schlüssiges Bild entstehen. Aber zeigt sich auch eine Lösung?

 

"Schaurig ist’s übers Moor zu gehen. Die Dünste drehen sich wie Phantome ..." Erinnern wir uns noch einmal an Annette von Droste Hülsoff. Damals wie heute tauchen die Leser ab in eine andere Welt, erleben das Fremde mit und lassen sich Schauer über den Rücken rinnen. Für Leser, die es sich wünschen abzutauchen, ist die Anthologie ein unbedingtes Muss. Vor allem, wenn sie bereit sind, das  Gut-Böse Schema hinter sich zu lassen und auf differenzierte Töne zu hören.

 

Der Druck, überhaupt das Layout, ist soweit ich sehe, ohne Fehl und Tadel. Vielleicht hätten die Verantwortlichen allerdings die Trennoption besser beobachten können. Prinzipiell finde ich eine Unterbrechung der Texte durch Zeichnungen erfreulich. Allerdings scheinen mir die Zeichnungen in dieser Anthologie leicht gewöhnungsbedürftig. 


PARTNER
Home